Oma Otto 2/5

Hallo, ich heiße Anton, ich bin 6 Jahre alt und dienstags gehe ich immer zu meiner Oma. Sie heißt Otto, natürlich nicht wirklich. Eigentlich heißt sie Inge, aber weil meine andere Oma auch immer so heißt, hat Oma Otto einfach ihren Nachnamen zum Vornamen gemacht. Ihr merkt schon, Oma Otto ist ein bisschen anders als andere Omas.

Letzten Dienstag war doofes Wetter. Es hat geregnet, aber Oma Otto meinte, ich finde es toll, wenn man im Trockenen sitzt, ist das ungemein gemütlich. Na, ich war mir gar nicht so sicher, aber Oma Otto hat heißen Kakao gemacht, wir haben zwei Sessel ans Fenster geschoben und uns darauf eingekuschelt. Das fand ich dann doch ganz schön, aber auch ein bisschen langweilig. „Was machen wir heute?“, habe ich gefragt und in meine Tasse gepostet.

„Damit der Kakao ein bisschen kühler wird“, hmm, hat Oma Otto gesagt, „lass mich mal überlegen. Bei Regen kann man ganz toll Fensterfernsehen machen.“ „Was ist denn Fensterfernsehen?“, wollte ich wissen. „Man sieht aus dem Fenster und beobachtet, was draußen passiert, und das macht Spaß“, war Oma Ottos Antwort. Ich war mir da nicht so sicher. „Man braucht ein bisschen Geduld“, meinte Oma Otto, „wie die Tierfilmer. Die liegen auch stundenlang auf der Lauer, bis mal ein wildes Tier vor die Kamera läuft.“ „Meinst du, draußen läuft auch ein wildes Tier rum?“, war ich doch ein bisschen neugierig. Aber wenn man im Sessel sitzt, kann man gar nicht runter auf die Straße gucken, wir haben eigentlich nur Oma Ottos Blumenkasten gesehen. Er steht auf dem Fensterbrett, da drin wachsen Blumen und Gras und was ist das?, habe ich gefragt und auf einen dünnen kleinen Stängel mit fünf großen Blättern gezeigt. „Das ist eine Eiche“, hat Oma Otto bestätigt. „Aber Eichen sind doch so groß“, habe ich mich gewundert und an die Decke gezeigt. „Aber sie ist so klein“, meine Oma Otto und hat auf die kleine Mini-Eiche im Blumenkasten gezeigt. „Wieso hast du denn einen Baum in deinen Blumen gepflanzt?“ „Gepflanzt habe ich gar nicht“, hat Oma Otto gesagt, „ich weiß nicht, wie die Eichel in meinen Blumenkasten gekommen ist. Ich habe sie erst gar nicht gesehen, sie war gut versteckt in einem Grasbüschel. Aber dann hat sie ausgetrieben, und ich dachte, ich lasse sie einfach mal wachsen.“ Da kam plötzlich ein Vogel angeflogen und ist auf Oma Ottos Blumenkasten gelandet. „Nicht bewegen“, hat Oma Otto geflüstert und ganz leise sein. Wir haben ganz still gesessen und den Vogel beobachtet. Er war rot-graubraun und hatte an den Flügeln blau-schwarz gestreifte Federn. „Was ist das für ein Vogel?“, habe ich geflüstert. „Oma Otto“, sagte, „der Vogel hat an dem Grasbüschel herumgehakt und gepickt, und bevor wir erkennen konnten, was er da macht, war er schon wieder weggeflogen. Schade“, habe ich gesagt, „ich glaube, ich weiß, wer die Eiche in meinen Blumenkasten gepflanzt hat“, und meine Oma hat das Fenster aufgemacht. Es hatte schon längst aufgehört zu regnen. „Wer denn?“, habe ich gefragt. Wir haben unter das Grasbüschel geguckt und eine Eichel entdeckt. Die hatte der Vogel gerade eben dahin als Wintervorrat gelegt, hat Oma Otto erklärt. Eichelhäher fressen nämlich Eicheln genauso gern wie Eichhörnchen, und wenn sie sie nicht fressen, werden Bäume draußen wachsen. Na, da fand ich Fensterfernsehen doch ganz schön spannend.

Ein Betthupferl von Olga Luise Dome erzählt. Es hat Stefan Märki und jetzt schlaft gut und träumt was Schönes. Gute Nacht, gute Nacht.

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