Teil 1: Eheschließung
Im September 2018 zog meine Frau aus Singapur nach Deutschland. Als Gehörlose stand sie nicht nur vor den üblichen bürokratischen Hürden, sondern auch vor erheblichen Kommunikationsschwierigkeiten. Im Austausch mit der Standesbeamtin in Passau ergaben sich aufgrund der notwendigen schriftlichen Kommunikationsform weitere Missverständnisse. Schließlich entschieden wir uns, in Dänemark zu heiraten, wo wir hofften, dass die Verfahren einfacher und inklusiver wären.
Auch in Dänemark mussten wir intensiv vorbereiten: Alle wichtigen Dokumente wurden gesammelt und mitgenommen. In einer speziellen Anforderung baten die dänischen Behörden uns sogar, einen deutschen Gebärdensprachdolmetscher beizubringen. Glücklicherweise fanden wir einen deutschen Staatsbürger, der in Dänemark lebt und als Bauchredner arbeitet. Sein Bruder, ein gehörloser Mann, konnte bei der Kommunikation in Gebärdensprache assistieren.
Die Trauung in Dänemark war schlicht und dennoch tiefgreifend. Umgeben von der sanften Brise der dänischen Küste gaben wir uns das Ja-Wort – ein Moment, der sowohl unsere Liebe als auch unsere Entschlossenheit bekräftigte, gemeinsam jegliche bürokratische Hürden zu überwinden. Die Hochzeitszeremonie war nicht nur ein Moment persönlicher Freude, sondern auch ein kritischer Schritt auf dem langen Weg zur Niederlassungserlaubnis.

Nach unserer Rückkehr nach Deutschland war die Zeit knapp. Nur einen Tag vor Ablauf des Visums meiner Frau bekamen wir einen Termin beim Ausländeramt. Dort erhielt sie zunächst eine Fiktionsbescheinigung und später die Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr. Um die deutsche Aufenthaltserlaubnis rechtlich abzusichern, mussten wir abschließend eine Apostille für die Heiratsurkunde aus Dänemark beantragen.
Das ganze Verfahren war eine nervenaufreibende Herausforderung, doch jeder Schritt brachte uns letztlich weiter auf dem Weg zu einem gesicherten gemeinsamen Leben in Deutschland.
Teil 2: HNO und Integrationskurs in München
Nachdem wir endlich den Aufenthaltstitel in den Händen hielten, meldeten sich neue Herausforderungen. Das Ausländeramt forderte, dass meine Frau, Swee, einen speziellen Integrationskurs für Hörgeschädigte in München besucht. Eine Hürde folgte der nächsten. Der erste HNO-Arzt stellte ein ärztliches Attest aus, das Swee als „schwerhörig“ mit einem Grad der Behinderung von 50 % einstufte – weit entfernt von der Realität ihrer Gehörlosigkeit. Dieses Attest erschwerte die Situation, da für den Integrationsurs (für Hörgeschädigte) ein Schwerbehindertenausweis mit einem GdB von mindestens 90 % erforderlich war.
Der Streit mit dem ersten HNO-Arzt und die ständigen Missverständnisse zwangen uns, eine zweite Meinung einzuholen. In Landshut fanden wir endlich einen verständnisvollen Arzt und, dank einer einfühlsamen Gebärdensprachdolmetscherin, erhielt Swee das korrekte Attest und wurde als 100 % schwerbehindert anerkannt. Erst dann konnte sie den Integrationskurs beginnen, um Deutsch zu lernen.
Die logistischen Schwierigkeiten waren jedoch enorm. Ohne den Schwerbehindertenausweis musste Swee bei einem älteren Ehepaar in München unterkommen, weil sie sich in der Stadt noch nicht zurechtfand. Vier Tage die Woche begleiteten sie liebevoll diese Senioren zur Schule, freitags ging es zurück nach Passau – eine zehrende Routine. Sie durchlebte dieses Prozedere einen Monat lang, bis sie sich entschied, trotz der Risiken alleine zu reisen. Täglich war sie dabei zehn Stunden unterwegs; Zugverspätungen von durchschnittlich 70 % im Jahr, nicht beheizte Züge im Winter und abrupte Zugausfälle erschwerten ihre Reise zusätzlich.
Im Februar 2020 stand die Prüfung an. Swee schloss mit A2-Niveau ab – nur ein Punkt fehlte zum B1-Niveau. Da der Kurs für hörgeschädigte Menschen hauptsächlich aus Analphabeten bestand, konnte sie keinen echten Dialog führen. Also lehrte ich sie zu Hause Deutsch.

Das Ausländeramt war jedoch nicht zufrieden. Sie forderten einen Abschluss auf B1-Niveau. Die täglichen Strapazen, die lange Reise zwischen Passau und München, belasteten Swee enorm, sie fühlte sich täglich erschöpft. Diesen Zustand erklärten wir dem Ausländeramt, doch das Gesetz bleibt hart.
Als die Corona-Pandemie hereinbrach, und der Integrationskurs in München schließen musste, ergab sich für Swee die Möglichkeit, Vollzeit zu arbeiten. Doch als der Kurs wieder öffnete, war es ihr nicht möglich, teilzunehmen, da sie nun eine stabile Anstellung hatte. Das Ausländeramt bestand weiterhin auf dem B1-Abschluss.
Trotz des stetigen Rückhalts unserer Anwältin aus Frankfurt am Main und der modernen Kommunikationstechnologie, die uns unterstützte, blieb das Ausländeramt unnachgiebig. Unsere Anwältin mahnte zur Geduld und zum Respekt – immer freundlich bleiben und überzeugend argumentieren. Nach vielen Monaten des Schriftverkehrs und ständigen Bemühens, stand Swee im Februar 2023 erneut zur Prüfung an und bestand wieder mit A2-Niveau.
Der bürokratische Kampf mit dem Ausländeramt zehrte an unseren Nerven und erforderte unsere ganze Geduld und Stärke.
Teil 3: Sozialgericht und Podcast lesen
Die Hürden, die wir überwinden mussten, waren gewaltig. Ich holte zwei Anwältinnen an Bord – eine aus Leipzig, spezialisiert auf Sozialrecht und erfahren in Gebärdensprache, und eine weitere aus Frankfurt am Main, spezialisiert auf Ausländerrecht. Um meiner Frau zu helfen, beantragten wir bei der Sozialverwaltung den Status als Schwerbehinderte mit dem Kennzeichen „hilflos“. Das Ausländeramt bestand darauf, dass sie das Sprachniveau B1 erreiche, wie es das Gesetz vorschreibt. Doch die tägliche Reise nach München und zurück war zu viel, für sie, vor allem, wenn sie sich in der großen Stadt orientieren oder bei Zugausfällen Alternativen finden musste.
Die Sozialverwaltung lehnte unseren Antrag ab, und wir legten Widerspruch ein – ein zermürbender Prozess. Schließlich führte der Weg uns zum Sozialgericht in Landshut. Begleitet wurde meine Frau nicht nur von mir, sondern auch von unserer Anwältin aus Leipzig und einer ausgezeichneten Gebärdensprachdolmetscherin. Das Gerichtsverfahren war eine emotionale Herausforderung, doch die Dolmetscherin übersetzte alles so einfühlsam und verständlich, dass meine Frau sich gut verstanden fühlte und selbst Antworten geben konnte. Der Richter war freundlich und zeigte Verständnis für die Belastungen, denen meine Frau täglich ausgesetzt war. Trotz eines respektvollen Umgangs wurde unserem Antrag leider nicht stattgegeben.
In einem weiteren Versuch, Unterstützung zu bekommen, empfahl uns die Vertreterin der Sozialverwaltung, einen Brief an den bayerischen Innenminister Jochen Herrmann zu schreiben, was ich tat. Nach etwa drei Wochen erhielten wir eine ermutigende Antwort: Der Minister hatte Kontakt zum Ausländeramt telefoniert.
Währenddessen bat mich die Anwältin aus Frankfurt am Main um Geduld. In dieser Wartezeit verfolgte ich einen Podcast, den sie empfohlen hatte – „Recht unverblümt“, ein Format, das verschiedene juristische Themen behandelt. Die Technologie, die es mir ermöglichte, den Podcast durch Transkription zu lesen, half mir enorm, das strikte deutsche Rechtssystem besser zu verstehen und zu verarbeiten.
Im Juni 2025 dann der langersehnte Durchbruch: Das Ausländeramt erteilte meiner Frau die endgültige Niederlassungserlaubnis. Die Erleichterung war immens, als wir den freundlichen und lächelnden Mitarbeitern gegenüberstanden. Wir waren wie befreit und mussten unsere Tränen zurückhalten.
Dies alles hat mich sehr darüber nachdenken lassen, wie wertvoll moderne Technologie für Menschen mit Hörgeschädigten ist. Sie ermöglicht es, Informationen zugänglich zu machen und damit vollwertig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Wenn auch Sie Interesse an rechtlichen Themen haben, empfehle ich Ihnen den Podcast „Recht unverblümt“. Er behandelt 14 verschiedene, hochinteressante Themen und bietet tiefe Einblicke in die juristische Landschaft Deutschlands.
Teil 4: Schlussfolgerung
Ich bin unglaublich glücklich mit meiner Frau. Auf Plattformen wie Instagram sehe ich oft, wie wunderschöne Frauen aus verschiedenen Ländern mit deutschen Männern kommunizieren, und dank der internationalen Gebärdensprache – einer Mischung aus französischer, englischer, deutscher und amerikanischer Gebärdensprache – gibt es viele Vorteile. Doch genau diese Sprachvielfalt kann auch zu Missverständnissen führen. So wird beispielsweise das deutsche Gebärdenzeichen für „bald“ im Englischen oft als „Glatze“ missverstanden.
Viele ausländische Frauen, die nach Deutschland kommen, mögen denken, dass es einfach ist, sich hier niederzulassen. Aber die Realität zeigt, dass damit oft hohe Kosten im fünfstelligen Bereich verbunden sind – inklusive Flugkosten sowie der strengen Anforderungen von Behörden und der Pflicht, an Integrationskursen teilzunehmen. Es ist auch nicht leicht, in Deutschland Arbeit zu finden, besonders wegen der Sprachbarrieren. Diese Herausforderungen können zu viel Frustration führen.
Der Weg, den wir hinter uns haben, fühlt sich an wie ein Sechser im Lotto. Wir haben es geschafft, trotz aller Widrigkeiten unserer Liebe ein festes Fundament zu geben, und das wollte ich in dieser kleinen Info mit Ihnen teilen.






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